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Interview mit Thomas Seibert und Kerem Schamberger

Gemeinsam ein alternatives Projekt erarbeiten

kommunisten.de: Thomas, Du bist seit Gründung des ISM einer der Vorstandssprecher. Das ISM ist im Jahr 2010 als rot-grün-rote "Programmwerkstatt" gestartet, um unterschiedliche Politikansätze zu einem gesellschaftlichen Projekt zusammenzuführen. Es ging darum, die rechnerisch vorhandene Mehrheit im Bundestag in eine politische Mehrheit für eine andere Politik umzuwandeln. Nun ist r2g als Parteienprojekt auch bei der Bundestagswahl im Herbst gescheitert. Es gibt nicht einmal mehr eine rechnerische Mehrheit links von CDU/CSU. Wo steht ihr heute bzw. hat sich das ISM im Vergleich zur Gründung verändert?

Thomas Seibert: Im Ansatz nicht, doch im Akzent. Schon bei der Gründung arbeiteten im ISM Mitglieder der drei linken bzw. mitte-linken Parteien, Wissenschaftler*innen und Aktivist*innen aus Zivilgesellschaft und sozialen Bewegungen zusammen; ich selbst komme ja aus den Bewegungen. Für die rot-grün-rote Option einzutreten, hieß bei uns deshalb schon zu Beginn mehr und anderes als nur für ein entsprechendes Parteienbündnis und eine mögliche Regierungskoalition zu streiten. Wir hatten und haben eine eigensinnige politische Bestimmung des Farbenspiels, über die jeweiligen Parteipositionen hinaus.

Da steht das erste "Rot" für den Teil der berühmten "Mitte der Gesellschaft", der prinzipiell nach links hin offen ist und sich eine soziale Einbettung des Kapitalismus wünscht. Auch das "Grün" steht nicht einfach für die Partei dieses Namens, sondern für politische Anliegen, die historisch im 68er Aufbruch prägend wurden. Anliegen etwa der Ökologie, des Feminismus oder einer menschenrechtlich basierten, deshalb auch auf globale Solidarität hin ausgerichteten Demokratie. Schließlich ein Anspruch auf Emanzipation, der stark auf individuelle Autonomie orientiert. Und das zweite "Rot" steht für dezidiert kapitalismuskritische Positionen, denen es weniger um eine Einbettung als vielmehr um eine Überwindung des Kapitalismus geht. Diese drei Positionen finden sich, das ist unser Punkt, in der Gesellschaft, bevor sie sich in bestimmen Parteien verdichten, dabei aber in deren Machtkalkülen instrumentalisiert werden.

"anders regieren"

Trotzdem haben wir stets auf die Verbindung des gesellschaftlichen mit dem partei- und regierungspolitischen Rot-Grün-Rot gesetzt. Wir haben das "anders regieren" genannt, und uns von einem solchen Regieren zumindest den Einstieg in eine langfristig angelegte sozialökologische Transformation der Gesellschaft erhofft. Zur Zeit der Gründung des ISM und während der ersten Jahre unserer Arbeit schien das zum Greifen nah: Es gab eine stabile rechnerische Mehrheit für Rot-Grün-Rot.

Heute haben wir, erstmals seit Jahrzehnten, eine rechte Mehrheit, die strukturell zu werden droht, hier wie überall auf der Welt. Da die Verantwortung für diesen Rückschlag zunächst, wenn auch in je unterschiedlicher Weise, bei den drei Parteien liegt, hat sich der Akzent unserer Arbeit verschoben.

Schon im letzten Wahlkampf haben wir auf eine politisch eigenständige Artikulation des rot-grün-roten Teils der Gesellschaft gesetzt. Wir haben gehofft, eine politische Position gesellschaftlich bestimmend zu machen, die die drei Parteien unter Zugzwang hätte setzen sollen. Deshalb haben wir von einem "dissidenten Drittel" gesprochen, dass, wenn es sich selbst zu Wort meldet, schnell mehrheitsfähig sein würde. Dabei hätte deutlich werden sollen, dass eine sozialökologische Transformation strategisch gesehen ein gesellschaftlicher Prozess sein muss, der sich dann taktisch mit Parteien verbindet. Gelungen ist uns das aber nur in Ansätzen – Ansätzen, die wir übrigens mit anderen Initiativen teilen, etwa dem Projekt "Offene Gesellschaft" um die Stiftung FuturZwei. Das reicht nicht, ist aber auch nicht nichts.

Trotzdem bleibt unser ursprünglicher Ansatz richtig: Es reicht nicht, nur von Krise der Repräsentation auszugehen. Wir haben es auch mit einer Krise der politischen Selbsttätigkeit der Gesellschaft zu tun: einer Krise der Öffentlichkeit, der Zivilgesellschaft, des Bewegungsaktivismus. Deshalb können wir nicht einfach sagen: Wir ziehen uns ganz aus der Ebene der Stellvertretung zurück und setzen allein auf Selbsttätigkeit. Es ist ein bisschen so, als steckten wir in einem Teufelskreis. Einerseits sieht alles so aus, als ob die politischen Parteien einer möglichen mitte-linken Regierung genau dazu nicht in der Lage sind, aus jeweils unterschiedlichen Gründen. Andererseits liegt auf der Hand, dass zivilgesellschaftliche oder Bewegungspolitiken erst dann neu, anders und erfolgreich sein werden, wenn sie vom ewig gleichen Protest gegen das alternativlose "Weiter so!" des ewig gleichen neoliberalen Regieren befreit wären und stattdessen zur weitertreibenden Opposition zu einer mitte-linke Regierung werden können, von der man sagen wird: "Geht in die richtige Richtung, reicht aber nicht!"

kommunisten.de: Kann die "linke Sammlung" da weiterhelfen, die aktuell in Vorbereitung ist?

Thomas Seibert: Das Problem mit dem von Teilen der LINKEN vorgeschlagenen Projekt einer "Sammlungsbewegung" jenseits der kriselnden Parteien und Bewegungen ist ein Doppeltes, ein formales und ein inhaltliches.

In der Form variiert diese Vorschlag nur das Grundmuster populistischer Politik: es geht um eine Sammlung hinter charismatischen Führungsfiguren, die ihrerseits beanspruchen, authentisch auszusprechen, was die Leute selbst denken und wollen – eine Art Repräsentationspolitik in Bewegungsform. Das ist ein autoritäres, in sich selbst rechtes Modell, auch wenn es "links" zu sein beansprucht.

Konsequenterweise spiegelt sich das auf der inhaltlichen Ebene: die neoliberale Globalisierung soll in einem wiederhergestellten nationalen Sozialstaat eingebettet werden. Wiederum konsequent ist, dass sich dieses Projekt dann primär an die einheimischen Arbeiter*innen wendet – und hier zuerst an solche, die ihre Unzufriedenheit aktuell mit einer "Protestwahl" zugunsten der AfD bekunden. Deshalb richtet sich die vorgeblich "linke" Sammlung nicht einfach gegen die neoliberale EU, sondern überhaupt gegen die Entnationalisierung, also Europäisierung oder gar Globalisierung der Politik. Sie richtet sich also, auf den Punkt gebracht, gegen die politische Chance des 21. Jahrhunderts schlechthin.

Und da ist es wiederum kein Zufall, dass sie sich auch gegen die Migrationsbewegungen richtet und dabei der nationalistischen und rassistischen Problemdefinition der Rechten folgt: dass die Migrant*innen das zu bearbeitende Problem sind, während das Recht prinzipiell auf Seiten der Einheimischen liegt. Der Unterschied zur Rechten liegt bloß darin, dass die Einheimischen nicht als "Volk", sondern als "Arbeiterklasse" gefasst und die Migrant*innen nicht schon als "Fremde" abgelehnt werden, sondern als die "mobile Elite" der Fremden.

Wirklich schlimm daran ist, dass dieses Projekt nicht ohne Chancen ist. Immerhin kann nicht ausgeschlossen werden, dass sich eine weiter abstürzende SPD doch dieser "Sammlung" anschließen würde – ich traue dem fundamentalen Machtopportunismus ihrer neuen Vorsitzenden einiges zu. Eine derart wiedervereinigte, betont deutsche Sozialdemokratie dieses Typs könnte einem offen rechten Block aus CDU/CSU und AfD dann tatsächlich den Rang ablaufen. Nur wäre damit links gar nichts gewonnen, im Gegenteil.

Wenn das ISM ebenfalls von einer linken Sammlung spricht, ist etwas ganz anderes gemeint. Deshalb sprechen wir bezeichnenderweise immer von einem "cross-over", also von einer Bewegung, die "überkreuz" verläuft, damit aber konfliktiv bleibt. Es geht um Überkreuzungen des oben umrissenen, eben nicht bloß parteipolitischen Farbenspiels, und es geht um Überkreuzungen von Parteipolitik, gesellschaftlicher Selbsttätigkeit und kritischer Theorie. Das ist ein Unterschied ums Ganze.

Für eine andere Globalisierung und eine andere EU

Konsequenterweise sind unsere strategischen Entscheidungen ganz andere. Der neoliberalen Globalisierung und der neoliberalen EU setzen wir nicht die Rückkehr in die Zwingburgen des nationalen Arbeits- und Sozialstaats, sondern den Ausgriff auf eine andere Globalisierung und eine andere EU entgegen. Und wenn dem Verhältnis zur Migration auch bei uns eine strategische Bedeutung zufällt, dann umgekehrt gerade aus der Perspektive der hier Ankommenden und aus der Perspektive derer, die sie willkommen heißen. Deshalb wenden wir uns auch nicht an vorgeblich verirrte AfD-Wähler*innen mit Arbeiterhintergrund, sondern, wieder umgekehrt, an alle, die sich, gleich welchen Hintergrunds, zu recht vor diesen Wähler*innen fürchten. Wir bleiben also beim dissidenten Drittel.

Übrigens heißt das nicht einfach, dass wir uns an andere Leute wenden – die Wendung selbst ist eine andere. Einmal werden vorgeblich politisch verirrte einheimische Arbeiter*innen angesprochen, also Leute in einer ganz bestimmten sozialen Position und wegen dieser Position. Wir wiederum sprechen Leute ganz unterschiedlicher sozialer Position an, die sich aber, trotz ihrer Unterschiede, eine gemeinsame politische Position teilen. Diese Position bewährt sich im offenen, solidarischen Verhältnis zur Migration und in einem im positiven Verhältnis zur Europäisierung und Globalisierung des Politischen. Der Unterschied ist also, dass wir uns in einem cross-over verschiedener sozialer Positionen direkt aufs Politische beziehen. Auf den Punkt gebracht: der Bezug aufs dissidente Drittel behauptet eine Alternative zu der "klassenpolitischen" Wende, an der im Moment vielerorts gestrickt wird.

Wenn wir insofern genau mit dem weitermachen, was wir zuvor schon getan haben, tun wir das allerdings in dem geschärften Bewusstsein, dass uns allen aktuell etwas fehlt. Das hat wieder mit der Doppelkrise der Stellvertretung (Repräsentation) und der Selbsttätigkeit (Aktivismus im weitesten Sinn) zu tun: Wir sind herausgefordert, zugleich beide Krisen anzugehen.

Dass wir trotz allem an der rot-grün-roten Option festhalten heißt dann, dass wir darauf bestehen, den oben umrissenen Teufelskreis aufbrechen zu müssen. Und insofern ist von entscheidender Bedeutung, was sich gegenwärtig in den Parteien tut. Formiert sich in der SPD eine linke Option? Lösen die Grünen das Versprechen eines neuen Linksliberalismus ein, auf den man im Widerstand gegen die fatale Renationalisierung des Politischen von rechts und "links" hoffen kann? Wie lösen die LINKEN das fundamentale Dilemma auf, das ihnen vom traditionslinken Flügel aufgezwungen wird?

Und, außerhalb der Parteien: Gelingt es uns allen, den gesellschaftlichen Aufbruch zu erneuern, der sich in der Willkommensbewegung des Jahres 2015 zusammengefunden hat? Wer in den Hexenkessel schauen will, sollte auf die Auseinandersetzungen um Ellwangen achten: Bleibt es bei der brutalen Niederwerfung einer elementaren migrantischen Selbstbehauptung und beim deutschen Konsens um den nationalen Arbeits-, Sozial- und Rechtsstaat, oder finden die Einsprüche gesellschaftlichen Anklang, die es dagegen noch gibt? Hier ist die Rose, hier tanze!

kommunisten.de: Kerem, Du bist neu in den Vorstand gewählt worden. Wieso hast Du nach der Bildung der GroKo überhaupt noch für den Vorstand des ISM kandidiert? Das ISM hat sich bei der Gründung eine rot-rot-grüne Koalition auf die Fahnen geschrieben? Aber ist Rot-Rot-Grün jetzt nicht endgültig erledigt; zumindest auf Bundesebene?

Kerem Schamberger: Ich denke, dass sich mit der Bildung der GroKo nichts wesentlich verändert hat. Denn auch vor der Bundestagswahl lag die Chance für eine r2g-Regierung bei nahezu Null; die SPD hält eisern an ihrer neoliberalen Politik fest, die Grünen öffnen sich immer weiter in Richtung CDU. In Bayern schließen die Grünen eine Koalition selbst mit der CSU nicht aus.

Und es geht ja nicht einfach um eine andere Regierung, sondern um eine andere Politik und ein anderes Regieren – gedacht als "ein Projekt der gesellschaftlichen Linken und der solidarischen Milieus; als eine politische Idee, die allen drei Parteien von außen aufgedrängt wird und sie dazu nötigt, sich zu ändern und über sich hinauszuwachsen" ("Das Unmögliche versuchen", Institut Solidarische Moderne).

Vor allem fehlt die gesellschaftliche Bewegung, die die drei Parteien hätte dazu bringen können "über sich hinauszuwachsen" und einen anderen politischen Kurs einzuschlagen. Das viel dramatischere als die Bildung der GroKo ist, dass die Kräfte links von CDU/CSU erstmals auch die gesellschaftliche Mehrheit verloren haben. Das Ergebnis der Bundestagswahl bringt nur an die Oberfläche, wie sich tiefergehend eine Hegemonieverschiebung nach rechts vollzogen hat. Wenn mehr über Burka als über Altersarmut debattiert wird, wenn die Obergrenze für Flüchtlinge die Menschen polarisiert und nicht eine Obergrenze für Mieten oder eine Untergrenze für Arme, dann drückt das die Rechtsverschiebung im öffentlichen Diskurs aus.

Das ist jetzt die Herausforderung: gesellschaftliche und politische Mehrheiten für soziale und demokratische Erneuerung wieder zu erarbeiten. Rot-Rot-Grün – und ich füge immer »lila« für den Feminismus hinzu – als gesellschaftliche Grundströmungen zusammen zu bringen, ein gemeinsames alternatives Programm erarbeiten - an dieser Aufgabe hat sich nichts geändert. Das ist die Voraussetzung, wenn wir die Gesellschaft verändern wollen. Und da sollte und kann das ISM eine wichtige Rolle spielen.

kommunisten.de: Eine große Aufgabe, die auf einen langen Zeithorizont angelegt ist?

Kerem Schamberger: Die Zeit drängt zu einer politischen Orientierung angesichts der Rechtsentwicklung in Politik und Gesellschaft, angesichts des fortschreitenden Übergangs des Nationalen ins Nationalistische, angesichts programmatischer Leerstellen mit Blick auf die rasanten, technologisch ermöglichten Umwälzungen in Produktion, Konsum und Lebensweise, die wiederum die soziale und kulturelle Fragmentierung der Gesellschaft vorantreiben.

Dies ist nicht nur eine Herausforderung für SPD, LINKE und Grüne, sondern von entscheidender Bedeutung wird sein, wie sich Gewerkschaften, gesellschaftliche Bewegungen und Initiativen aufstellen. Dabei muss es uns gelingen, in den politischen Raum, den die SPD verlassen hat, nachzurücken - aber nicht nur nachzurücken und dort die von der SPD fallengelassenen Aufgaben aufzunehmen und die Illusion von der Rückkehr zum nationalen Sozialstaat zu verfestigen, sondern nachzurücken, um diesen Raum mit neuen Inhalten, mit demokratischen, sozialen und kulturellen Widerstand gegen die neoliberale Zerstörungspolitik zu besetzen; deutlich zu machen: Weil es die Globalisierung gibt, weil es die digitale Revolution gibt, ist dies nicht die Stunde für die Rückkehr zum inzwischen verklärten "Sozialstaat" der 1970er Jahre, sondern weil es die Globalisierung gibt, weil es die digitale Revolution, ist dies die Stunde für ein neues soziales und ökologisches Entwicklungsmodell, für eine neue Konzeption der Arbeit, für Autonomie und eine neue Absicherung der Arbeitenden, für globale Solidarität.

Es geht darum, den Fortschrittsbegriff, der der Linken verloren gegangen ist, wieder zu gewinnen - denn die Alternative zum Kapitalismus - der Sozialismus - liegt in der Zukunft.

Vielleicht stärkt das dann auch diejenigen Kräfte in der SPD, die um eine Erneuerung der Sozialdemokratie ringen. Immerhin haben die GroKo-Gegner*innen bei der Mitgliederabstimmung für ihre Verhältnisse einen beachtlichen Erfolg erzielt. Ich bin überzeugt, dass die SPD mit einer klar linken Politik viele Menschen erreichen kann, die für die Partei DIE LINKE nicht zu erreichen sind. Die SPD wird für eine Reformalternative gebraucht und gerade deswegen ist ihre jetzige Politik so verheerend.

kommunisten.de: Viele halten »links« und »rechts« für überholt und setzen auf eine »linkspopulistische« Variante.

Kerem Schamberger: Ich halte die Begriffe »links« und »rechts« nicht für unmodern, sondern für ausgesprochen »modern«. Allerdings leben wir in einer Zeit, in der neu definiert wird, was »links« ist und in der sich die linken Kräfte neu formieren. In diesem Zusammenhang halte ich auch eine »klassenorientierte Politik« nicht für überholt.

Dabei darf Klassenpolitik allerdings nicht eindimensional auf ökonomische Fragen, oder gar auf eine »ständische« Interessenvertretung der einheimischen arbeitenden Klasse reduziert werden, sondern die Zusammenhänge mit den Kämpfen gegen Rassismus, Sexismus und Nationalismus und den übrigen sozialen Kämpfen um gute Lebensbedingungen müssen hergestellt werden, und damit auch zwischen »ökonomisch« und »kulturell«. Nelli Hügel hat in einem Artikel im nd (Ökonomische Kämpfe, Identitätspolitik und »die Linken«) auf das Problem verwiesen, dass sich "viele Linke von der Arbeiterklasse ab- und sich selbst zuwandten. Die Erzählung der Herrschenden, dass die Klasse tot sei, wurde von einem Teil dieser Linken selbst übernommen. Ein anderer Teil wiederum hat zwar an der Klasse festgehalten, jedoch nie verstanden, dass der alte Korporatismus nicht mehr funktioniert. Ein Zurück in die 50er wird es nicht geben, denn der Fordismus als Gesellschaftsmodell ist nicht Regel, sondern war Ausnahmeerscheinung der kapitalistischen Produktionsweise."

Im heutigen Kapitalismus wird die prekäre Beschäftigung zum »kapitalistischen Normalarbeitsverhältnis« -mit all seinen Folgen für Selbstbewusstsein, Verunsicherung und ständiger Existenzangst der arbeitenden Klasse. Auf diese Herausforderung müssen die Linken eine Antwort finden. Und diese wird nicht in der Illusion einer Rückkehr in die »goldenen Zeit des Fordismus« liegen.

Dr. Thomas Seibert ist einer der fünf Vorstandssprecher*innen des ISM. Er ist Philosoph und Autor, Mitarbeiter von medico international, Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat der Rosa Luxemburg-Stiftung, seit vielen Jahren politischer Aktivist. Am ISM interessiert ihn die Kreuzung von außerparlamentarischer Selbstermächtigung in weiter Perspektive und linker Realpolitik in kürzerer Frist.

Kerem Schamberger ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrbereich Meyen des Instituts für Kommunikationswissenschaft und Medienforschung an der Ludwig-Maximilians-Universität. In seiner Dissertation forscht er zum kurdischen Mediensystem, das länderübergreifend arbeitet und damit nationalstaatliche Grenzen sprengt. Auf dem Blog www.kerem-schamberger.de und seiner Facebook-Seite schreibt er zu den Geschehnissen in der Türkei und Nordkurdistan. Er ist zudem aktiv im Institut für sozial-ökologische Wirtschaftsforschung isw und in der marxistischen linken.

Thomas Seibert und Kerem Schamberger gehören dem Herausgeberkreis von kommunisten.de an.

Den Originalartikel findet ihr hier.