"Länger gemeinsam lernen" ist nicht vom Tisch!

BildungsexpertInnen des Instituts Solidarische Moderne verteidigen zentrale bildungspolitische Forderung nach dem Hamburger Referendum

Katja Dörner MdB, familienpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, und Johannes Angermüller, Professor für Soziologie an der Universität Mainz, sehen das Ziel, an Schulen länger gemeinsam zu lernen, nicht als gescheitert an.

Katja Dörner: "In Hamburg ist es nicht gelungen, davon zu überzeugen, dass längeres gemeinsames Lernen allen Kindern - leistungsstarken wie leistungsschwächeren - nutzt. Insbesondere privilegierte Eltern haben an der Abstimmung teilgenommen und wollten vermeintliche Privilegien für ihre Kinder erhalten. Das ist kurzsichtig und ungerecht. Das Ergebnis des Referendums schadet allen Kindern, insbesondere aber solchen aus bildungsfernen Milieus. Es schadet der ganzen Gesellschaft. Deshalb muss er in seiner bildungspolitischen Bedeutung klar relativiert werden. Längeres gemeinsames Lernen ist weiterhin gesellschaftlich gewollt und mehrheitsfähig."

Prof. Johannes Angermüller: Auch nach dem Volksentscheid sind die bekannten Probleme des Bildungssystems nicht gelöst: Das deutsche Schulsystem ist nach wie vor hoch segregativ und ist bisweilen mehr auf starke als auf schwache SchülerInnen zugeschnitten. Auf diese Gerechtigkeitslücke muss eine Antwort gefunden werden und deshalb ist das längere gemeinsame Lernen weiterhin eine wichtige und legitime Forderung."

Nach dem Hamburger Volksentscheid wurde die zentrale linke bildungspolitische Forderung nach längerem gemeinsamen Lernen vielfach als "nicht mehr verwendbar" (taz) und "verantwortungslos" (FAZ) beurteilt. Katja Dörner und Johannes Angermüller widersprechen dieser Schlussfolgerung.

Katja Dörner ist Vorstandsmitglied im Institut Solidarische Moderne und familien- und kinderpolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion. Johannes Angermüller ist Mitglied im Kuratorium des Instituts und Juniorprofessor für die Soziologie der Hochschule am Zentrum für Bildungs- und Hochschulforschung (ZBH) der Universität Mainz.

Das Institut Solidarische Moderne ist die parteiübergreifende Programmwerkstatt der politischen Linken aus SPD, Grünen, Linkspartei, sowie Wissenschaft, NGOs und Gewerkschaften. Die Erarbeitung eines gemeinsamen, parteiübergreifenden Bildungskonzepts ist aktuell einer Schwerpunkte der Institutsarbeit. Vom 24.-26. September veranstaltet das Institut Solidarische Moderne zu linker Bildungspolitik eine Summer Factory, aus der das gemeinsame Bildungsprogramm hervorgehen soll.